„Ich kann jeden
Existenzgründer beglückwünschen, der es packt“, sagt Jens Büscher (42). Wer
seine Geschichte hört, weiß warum: Mit seiner Software für Dokumentenmanagement Amagno kämpft er gegen
die Papierflut in deutschen Büros an. Als Gründer kämpfte er sich immer wieder
durch harte Zeiten.
Jens Büscher hatte sieben Jahre im öffentlichen Dienst in der Bundeswehrverwaltung in Wilhelmshaven gearbeitet, bevor er einen neuen Weg einschlug. „Im Büro habe ich oft viel Zeit gebraucht, um die notwendigen Dokumente – zum Beispiel Papierbelege – zu finden“, erzählt er jetzt, im Konferenzraum seines Firmensitzes am Schlossplatz. Das nervte. „Wie kann ich Herr werden über das Papierchaos?“, grübelte Büscher. Die Idee zu Amagno entstand.
Mit einer Eins in Kunst zur Bundeswehr
Auch hatte er genug von seinem Job. „Ich war frustriert“, erinnert er sich. Er war auf Borkum aufgewachsen, kam aus einem bodenständigen, bürgerlichen Haushalt. Es war klar, dass er eine Ausbildung machen würde und „es gab nichts anderes als die Bundeswehr“. So kam es, dass er dort anfing. Dabei hatte er in Kunst eine Eins auf dem Zeugnis stehen. „Schließlich habe ich mich als Programmierer bei einer Oldenburger Firma beworben.“ Er habe aber gar nicht viel programmiert.
„Ich habe gemerkt, dass ich ein Händchen für Software-Design habe.“ Innerhalb von vier Jahren sei er zum Produktmanager aufgestiegen. 2003 wollte er seine Idee für die digitale Ordnung realisieren. Diese Zeit betrachtet er heute als seine „nichtbeabsichtigte Ausbildung zum Geschäftsführer“.
Ein erster Anlauf startete. Büscher gründete in Bremen
die Firma Docuportal, mit nur 2000 Euro in der Tasche. 2003 sei noch eine andere Zeit für
Gründer gewesen, meint er heute. „Start-up war da noch ein böses Wort.“ Es sei
nicht leicht gewesen, er habe kaum Unterstützung bekommen. Die Banken akzeptierten seine Idee nicht und so habe er auch keine Chance auf staatliche Fördermittel gehabt. Er galt als
„offiziell arbeitslos“ und hatte Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden.
Mit seiner ersten Firma hat er einiges falsch gemacht, sagt Büscher. Sein Privatleben litt schließlich unter der Gründung und der damit einhergehenden Unsicherheit. Seine Beziehung ging in die Brüche. Ein Neustart musste her. Sein Geschäftspartner blieb. Er führt die Firma bis heute weiter.
2003 war noch eine andere Zeit für Gründer. Start-up war da noch ein böses Wort.
2010 startete Büscher in der kleinen Donnerschweer Straße
mit Amagno. Für seine zweite Firma bekam Büscher ein Förderdarlehen und fand
zwei Business Angels, die ihn finanziell unterstützten. Insgesamt
sei er mit 70.000 Euro ins Rennen gegangen. „Trotzdem war es wieder ein volles
privates Risiko“, sagt er. Für Venture-Capital-Firmen sei Amagno nicht
attraktiv gewesen, weil Investoren größere Umsatzsteigerungen in kurzer
Zeit erwarteten. Es ging um Millionen-Beträge.
Er habe alle möglichen Investoren angeschrieben, die zu der Zeit auf deutsche-startups.de verzeichnet waren. 90 Prozent hätten sich erst gar nicht zurückgemeldet, alle anderen abgesagt. „Aber ich war überzeugt, dass Amagno funktioniert.“ Er ging das Risiko ein und nahm es hin, privat immer wieder zurückstecken zu müssen.
Digitale Magnete
„Das Problem in vielen Firmen ist, dass Mitarbeiter oft ihre Dokumente in falsche Ordner ablegen“, sagt Büscher. Dann suche man ewig, um sie wiederzufinden. „Darum habe ich digitale Magnete geschaffen.“ Daher auch der Name: Amagno. „Diese Magnete ziehen alles an“, erklärt Büscher. Das heißt: Wenn man sie einmal angelegt hat, ordnen sie automatisch Unterlagen nach Stichworten: Rechnungen, Gesprächsnotizen und Projekte zum Beispiel. Die Kategorien selbst anlegen können sie allerdings noch nicht. „Das schafft nur unser Hirn.“
Nachträgliche Verbesserungen nehme Amagno aber auf und ordne die Unterlage dann automatisch neu. Auch könne man Begriffe in Outlook markieren und so das dazugehörige Dokument öffnen. Ein großer Teil von Büschers Arbeit sei, so sagt er selbst, Überzeugungsarbeit: „Wir zeigen Amagno möglichen Kunden übers Netz und auf Veranstaltungen und versuchen sie so, für unser Produkt zu gewinnen.“
Nach zwei Jahren hat Amagno nach eigenen Angaben 65 Kunden
und 7000 Anwender. Unter den Kunden sind Handwerker, aber auch größere Firmen. Büschers Frau - mit dem beruflichen Erfolg kam dann auch die Liebe zurück - und drei weitere Mitarbeiter
arbeiten für die Firma. Amagno ist aus dem Ein-Raum-Büro in der Donnerschweer Straße in größere Räume an den Schlossplatz gezogen. „Eine
Gründung hat viele persönliche Konsequenzen“, sagt Büscher. „Man braucht ein
starkes Nervenkostüm.“ Auch müsse man bereit sein, eine Weile kein Geld für
sich persönlich übrig zu behalten. Mit Familie könne das schwierig sein.
Trotzdem sagt er: „Der Schritt lohnt sich, aber der Weg ist aufwendig. Gute und schlechte Monate wechseln sich ab.“ Bei ihm hätten die guten Monate aber mit der Zeit zugenommen. „Ich kann mir zwar keinen dicken BMW leisten, aber der Firma geht’s gut." Und einen BMW brauche er ja auch gar nicht.
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