In Oldenburg werden 12,5 Millionen Kubikmeter Abwasser pro Jahr gereinigt. Nun soll die die Kläranlage ausgebaut werden. Wie die Klärung des Abwassers überhaupt vonstatten geht, erklärt Lokalredakteur Thomas Husmann.
Wasser wird in dem Augenblick zu Abwasser, wenn es durch den Abfluss in die Kanalisation fließt und den Weg zur Kläranlage nimmt. „849 Kilometer ist das Oldenburger Kanalnetz lang. 381 Kilometer sind davon Schmutz-, 155 Kilometer Misch- und 313 Kilometer Regenwasser“, erklärt Jens de Boer, Leiter der Kläranlage Oldenburg.
Das Regenwasser wird den Bächen und Bäken im Stadtgebiet zugeführt. Außerdem gibt es über das Stadtgebiet verstreut 90 Pumpwerke, die das Abwasser in Schwung halten. Zum Vergleich: In einer Stadt wie Freiburg mit viel Gefälle gibt es nur eins. Das Klärwerk liegt an einem tieferen Punkt.
Ausgelegt ist das Oldenburger Klärwerk für 210 000 Einwohnerrichtwerte, tatsächlich sind zurzeit 230 000 angeschlossen. Darunter sind Ortschaften am Stadtrand im Landkreis Oldenburg bzw. Ammerland.
Es ist geplant, die Schlammbehandlung der Kläranlage zu erweitern. Die Erweiterung umfasst den Neubau eines Faulturms mit einem Volumen von 6000 Kubikmetern. Die Gesamtkosten für Erweiterung und Sanierung der Schlammbehandlung werden auf ca. 6,8 Mio. Euro geschätzt.
Im Klärwerk sind 27 Mitarbeiter beschäftigt. Sieben Auszubildende werden Abwassertechniker, Metallbauer und Elektroniker für Betriebstechnik. Thema für die Zukunft ist nach Meinung von de Boer eine vierte Reinigungsstufe, in der beispielsweise Arzneimittelrückstände zurückgehalten werden.
Und so funktioniert die Oldenburger Kläranlage:
1. Schritt: Die Einlauf- und Rechenanlage
Das Abwasser erreicht das Klärwerk an der Wehdestraße am Einlauf. Eine archimedische Schraube, auch Schneckenpumpe genannt, befördert es einige Meter nach oben. Das Pumpwerk ist komplett abgedeckt.
In der Rechenanlage werden grobe Stoffe wie Toilettenpapier und die Rückstände von Feuchttüchern entfernt. Letztere lösen sich im Abwasser nicht vollständig auf. Sie zerfasern und verstopfen die Pumpen. Das Gesammelte wird getrocknet und zu Verbrennungsanlagen transportiert. Auch kuriose Funde kommen vor, wie Gebisse, Spielzeug oder Kneifzangen.
2. Schritt: Der Sandfang
Im Sandfang wird die Fließgeschwindigkeit des Abwassers deutlich verringert. Das Fett setzt sich oben ab und wird abgeschöpft, Sand und andere schwere Bestandteile sinken nach unten und werden periodisch mit einem Schieber über den Boden zu Gruben transportiert.
Der Sand und andere mineralische Stoffe würden anderenfalls im Verlauf der weiteren Klärung die Leitungen und Pumpen innerhalb kürzester Zeit zerstören. Die zwei Kammern fassen 1400 Kubikmeter Abwasser. Die Becken sind vier Meter tief. Pro Jahr werden 100 Tonnen Sand „gefangen“.
3. Schritt: Die Vorklärung
In der Vorklärung fließt das Wasser noch einmal langsamer. Die festen Stoffe können sich am Boden der beiden je vier Meter tiefen Becken absetzen. Sie fassen zusammen knapp 6000 Kubikmeter Abwasser. Der Schlamm setzt sich am Boden ab und wird von dort in Schächte geschoben.
Die Wege von Abwasser und Schlamm trennen sich. Das Wasser wird biologisch weiter geklärt, der Schlamm gelangt zu den Faultürmen.
4. Schritt: Die Belebung
Bakterien übernehmen die Klärung in den Belebungsbecken. Sie entfernen in zwei Arbeitsgängen die restliche organische Belastung sowie Stickstoff und Phosphor. Die vier Becken sind 5,1 Meter tief und fassen 24 000 Kubikmeter Abwasser. Es wird mittels einer Gebläsestation hoch mit Sauerstoff angereichert, den die Bakterien benötigen. Für die Drucklufterzeugung wird die Hälfte des Strombedarfs des Klärwerks verbraucht.
5. Schritt: Die Nachklärung
Aus den Belebungsbecken fließt das Abwasser in die vier Nachklärbecken. Sie fassen jeweils 4750 Kubikmeter Abwasser, sind 5,40 Meter tief und haben einen Durchmesser von jeweils 42 Metern.
Die Bakterien werden darin vom gereinigten Wasser getrennt und für neue Reinigungsarbeiten in das Belebungsbecken zurückgepumpt. Überschüssige Bakterien werden der Schlammbehandlung zugeführt. In kleineren oder älteren Kläranlagen ist die Reinigung des Abwassers an dieser Stelle beendet. Im Oldenburger Klärwerk folgt noch die Tuchfiltration.
6. Schritt: Die Schlussfiltration
Durch 24 Scheibenfilter fließt das Abwasser bei der Schlussfiltration. Eliminiert werden kleinste Elemente wie mikroskopisch kleine Plastikteilchen oder Spuren von Schadstoffen. 1000 Filterschichten sind im Einsatz, pro Stück kosten sie 250 Euro. Es ist die europaweit größte Anlage dieser Art.
Über einen Überlauf fließt das geklärte Abwasser in eine Ablaufrinne und durch ein Rohr in die Hunte. Dafür zahlt der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband pro Jahr 430 000 Euro an das Land Niedersachsen. Das Geld wird zweckgebunden in den Ausbau der Abwasserbehandlung investiert.
7. Schritt: Zentrifuge Entschlammung
Der sogenannte Primärschlamm, der bei der Vorklärung anfällt, kommt zur Primärschlammbehandlung. Dem Schlamm wird dort Wasser entzogen und den Faultürmen zugeführt. 130 000 Kubikmeter fallen jährlich an.
In drei Zentrifugen wird der Schlamm entwässert. Die Zentrifugen drehen sich mit 3000 Umdrehungen pro Minute. Der Schlamm ist stichfest. Er wird auf einem Gelände hinter dem Klärwerk zwischengelagert und in Abfallbeseitigungsanlagen verbrannt oder zum Düngen auf Felder gebracht.
8. Schritt: Faultürme
Zwei Faulbehälter hat die Oldenburger Kläranlage. Sie fassen zusammen 9300 Kubikmeter Klärschlamm und produzieren durch den Einsatz von Bakterien täglich 7000 Kubikmeter Gas, das im Blockheizkraftwerk verbrannt wird.
Vier Gasmotoren produzieren zudem Strom, der im Kraftwerk verbraucht wird. Nach dem Faulprozess ist der Schlamm fast geruchslos.
Die Kläranlage versorgt sich selbst zu 100 Prozent mit Wärme und zu 80 Prozent mit Strom. Ein Privathaushalt verbraucht im Jahr rund 4000 Kilowattstunden Strom, das Klärwerk 24 000 Kilowattstunden täglich.